Klimasünde Einweg-Weinflasche.

Seit dem 1. Januar 2022 wird auf Sekt, Wein, Frucht- oder Gemüsesäfte in Einweg-Dosen oder Einweg-Kunststoffflaschen Pfand erhoben.
Doch was ist mit Weinflaschen aus Glas? Diese bleiben weiterhin pfandfrei und werden im besten Fall – nach Farbe sortiert – in den vorgesehenen Glascontainern entsorgt. Wäre eine Pfandpflicht für Weinflaschen aus Glas nicht die logische Konsequenz? Wir haben für Sie die Fakten gecheckt.

Klimasünde Einweg-Weinflasche
Im Jahr 2021 lag der Pro-Kopf-Konsum von Wein in Deutschland bei 20,7 Litern.* Abgefüllt in 0,75-Liter-Flaschen ergeben sich daraus ca. 28 Weinflaschen pro Kopf. Es kommt eine beachtliche Summe zusammen, die jährlich verkauft wird.
Die Herstellung von Wein befindet sich im CO2-Bilanz-Ranking von Getränken im oberen Mittelfeld. Wie hoch die wirkliche CO2-Bilanz von Wein ausfällt, ist schwer zu sagen, denn es kommt ganz darauf an, welche Strecke der Wein von den Herstellern zu den Konsument:innen zurücklegt. Der Großteil der Emissionen wird jedoch nicht beim Transport freigesetzt, sondern die Hälfte des CO2 entsteht durch die Produktion der Verpackung! Der CO2-Fußabdruck einer 0,75-Liter-
Weinflasche liegt ungefähr bei 800 bis 900 Gramm.** Zum Vergleich:
Mineralwasser aus Mehrweg-Glasflaschen verursacht um die 200 Gramm CO2 pro Liter. Der Verbrauch bei Apfelsaft aus der Region liegt bei ungefähr 300 Gramm CO2 pro Liter.

Wieso wurde bis jetzt noch kein einheitliches Mehrweg-Pfandsystem für Glas-Weinflaschen eingeführt? Das liegt zum einem daran, dass viele Weine aus dem Ausland importiert werden. Die Rückführung der Weinflaschen zu den Herstellern ist ein logistischer und ressourcenfressender Mehraufwand, weshalb es oft günstiger ist, die Flasche neu zu produzieren. Außerdem gibt es mehr als 100 verschiedene Flaschen-Varianten in Deutschland in den Größen 0,5 bis 1,0 Liter sowie in den Farben Rot, Grün, Braun und Weiß. Hinter dem Aussehen der Weinflaschen verbergen sich zudem auch mehr Traditionsbewusstsein und Marketingstrategie, als man auf den ersten Blick vermutet.

Der Grund dafür ist, dass sich die Winzer:innen von der Konkurrenz abheben wollen, denn anders als beim Bier entscheiden Käufer:innen bei Wein häufig nach der Optik. Zum anderem gibt es unterschiedliche Interessenvertretungen, sodass bei einer Einführung einer Pfandpflicht ein Kompromiss gefunden werden muss, mit dem alle Beteiligten zufrieden sind. Hier gibt es die EU-Vertretung, die nationale und die internationale Interessenvertretung.

Die Idee ist nicht neu. In Baden-Württemberg gibt es bereits ein Mehrwegsystem für Weinflaschen, allerdings beschränkt sich das auf die 1,0-Liter-Flasche, auf das Bundesland sowie den Getränke- und Weinfachhandel in dieser Region. Das heißt, gekaufte Weinflaschen aus dem Lebensmitteleinzelhandel können vorerst nicht wieder zurückgegeben werden. Zwölf Winzergenossenschaften aus der Region haben sich zusammengeschlossen und die Wein-Mehrweg eG gegründet. Ihr Ziel ist es, das Mehrweg-System in Baden-Württemberg auch auf die 0,75-Liter-Flasche zu erweitern und den Weinkonsum nachhaltiger zu gestalten. Es wird bereits an einer Flaschenvariante experimentiert, die sich sichtlich von den handelsüblichen Einweg-Glasflaschen unterscheidet. Langfristig soll beides auch im regionalen Lebensmitteleinzelhandel ausgerollt werden.***

Was ist für die Zukunft denkbar?
Wann ein bundesweites Mehrweg-Pfandsystem für Weinflaschen aus Glas umsetzbar ist, lässt sich schwer sagen. Aufgrund der Anforderungen an ein funktionierendes Rücknahme-Handling unter Berücksichtigung der Kosten und des Einsparens von Ressourcen wird das vermutlich noch dauern. Das Fundament hierfür ist aber bereits gelegt. Die größte Herausforderung liegt darin, das System attraktiv und praxisnah für alle Marktteilnehmer:innen zu gestalten und trotzdem die EU-Vorschriften einzuhalten. Es bleibt spannend, was uns in Zukunft erwartet. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

 

*      Vgl. Hubert, 2022.
**    Vgl. O.V. pfandwein, 2023.
***  Vgl. O.V. der deutsche weinbau, 2023.

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