Bernd Christiansen ist seit über 10 Jahren Geschäftsführer der GWG Grenzwarenvertriebsgesellschaft Gerd Wiltscheck GmbH & Co. KG. Dazu gehören auch die Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte Pattburg Poetzsch und Otto Duborg, welche sich auf den Grenzhandel spezialisiert haben.
Seit Oktober 2021 ist Bernd Christiansen auch Aufsichtsratsvorsitzender der FÜR SIE Handelsgenossenschaft eG Food - Non Food. 

„Herr Christiansen, Sie sind nun seit Oktober 2021 der neue Aufsichtsratsvorsitzende der FÜR SIE. Wie fühlt sich die neue Rolle an?“

Es ist eine äußerst verantwortungsvolle Rolle und ich fühle mich sehr geehrt, dass ich zum Aufsichtsratsvorsitzenden berufen wurde. Durch die neue Position ist mir die Verantwortung sogar noch bewusster geworden. Und es macht großen Spaß – insbesondere die Zusammenarbeit mit dem Vorstand und die Tätigkeit im Aufsichtsrat der REWE erweitern den Horizont. Man lernt nie aus, es bereitet mir viel Freude und man wird ständig gefordert.

„Mit welchen Erwartungen sind Sie an Ihre neue Position herangegangen?“

Meine Vorstellung von der Position war bereits im Vorhinein sehr klar, da ich als Aufsichtsratskollege schon lange die Arbeit von Herrn Satter begleiten durfte. Außerdem habe ich durch meine vorherige Tätigkeit eine gute Vorstellung von der Leistungsfähigkeit der FÜR SIE. Was gewachsen ist, ist die Erwartungshaltung an mich selbst.

„Wo sehen Sie die größten Potenziale und Herausforderungen für die FÜR SIE?“

Nach 3 Jahren COVID und durch den schrecklichen Ukraine-Krieg stehen wir als FÜR SIE vor ganz speziellen Herausforderungen – und diese sind oft nicht planbar. Sie erfordern ein besonderes Gespür für die Situation. Hierfür ist die FÜR SIE sehr gut aufgestellt. Ich habe aktuell keine Veränderungsgedanken und möchte die Arbeit und die Schritte meines Vorgängers, Heinz-Werner Satter, fortsetzen und weiter am Ball bleiben. Die aktuelle Lage erfordert an sich mehr Aufmerksamkeit von uns allen. Aber in Zusammenarbeit mit dem FÜR SIE Vorstand sowie den ausgezeichneten und kompetenten Mitarbeiter*innen sind wir für solche Herausforderungen gewappnet. Es bleibt keine Zeit, sich auszuruhen! Es geht immer weiter.

„Die 59. Generalversammlung der FÜR SIE liegt nun hinter Ihnen. Haben Sie die Veranstaltung als Aufsichtsratsvorsitzender der FÜR SIE anders wahrgenommen als zuvor?“

Als Erstes ist zu erwähnen, dass die äußeren Voraussetzungen genial waren. Der Ablauf war sehr gut geplant, die Location war grandios und trotz Flugannullierungen und Unwetterwarnungen lief alles reibungslos.

Es hat mir – auch in meiner neuen Rolle – sehr viel Spaß gemacht. Ich für mich selbst habe festgestellt, dass ich erst mal warmlaufen musste. Das Zusammenspiel mit dem FÜR SIE Vorstand gefiel mir gut. Es hat mir ebenso gefallen, dass es keine monotone Sitzung war, sondern auch Interaktion aufkam. Daraus entstehen neue Projekte, Ideen und somit auch Weiterentwicklungen innerhalb der FÜR SIE. Es ist eine Mitgliederversammlung – und so sollten wir auch zukünftig in diesem Rahmen jedem Gehör schenken, der etwas zu sagen hat. Diese Form der Aussprache gehört einfach dazu. Und wir sind dafür verantwortlich, dann die Lösungen zu schaffen, die unsere Kundinnen und Kunden auch weiterhin zufriedenstellen.

„Sie sind nicht nur Aufsichtsratsvorsitzender der FÜR SIE, sondern auch seit 10 Jahren Geschäftsführer der GWG Grenzwarenvertriebsgesellschaft Gerd Wiltschek GmbH & Co. an der dänischen Grenze. Zur GWG gehören die Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte Pattburg Poetzsch und Otto Duborg, die sich auf den Grenzhandel spezialisiert haben. Was macht Ihre Märkte und die Zielgruppe so besonders?“

Darüber kann ich sehr viel erzählen. Zuerst einmal zur Zielgruppe: Wie unterscheidet sich die Zielgruppe des Grenzhandels vom normalen Lebensmitteleinzelhandel? Eigentlich gar nicht – wir haben die gleichen Konsumenten. Der Unterschied liegt darin, dass 99,5 % unserer Kunden aus dem benachbarten Ausland, also den skandinavischen Ländern, kommen. Somit ist bei uns auch eine andere Ansprache der Kunden erforderlich. Unsere Kunden fahren zum Teil 150 bis 300 Kilometer, um ihren Einkauf bei uns zu tätigen. Dafür schauen sie dann aber auch nur zwei- bis dreimal im Jahr vorbei. Skandinavier sind digitaler als wir Deutschen, sodass wir auch die Werbung und die Einkaufsmöglichkeiten digitaler gestalten müssen. So bieten wir zum Beispiel einen Vorbestellservice (Klik & Hent) an, sodass der Kunde eine komfortable Möglichkeit hat, seinen Einkauf schon vorher zu planen. Unsere gesamte Kundenansprache erfolgt komplett in Dänisch, die Bezahlung erfolgt ebenfalls in dänischen Kronen. Darüber hinaus werden auch alle anderen skandinavischen Währungen akzeptiert, aber natürlich auch Euro. Ebenso können alle Kundinnen und Kunden bei uns mit der Dankort (der dänischen Debitkarte), der Kreditkarte oder via Smartphone bezahlen. Und zu guter Letzt haben wir auch besondere Öffnungszeiten: Bis auf Karfreitag und die Weihnachtsfeiertage kann jeden Tag in unseren Geschäften eingekauft werden.

„Welche Produkte sind bei Ihren Kunden besonders beliebt?“

Tiefkühl- und kühlpflichtige Waren sind eher nebensächlich und durch die lange Fahrtzeit unserer Kunden nicht so relevant. Überwiegend werden Genussartikel gekauft – am wichtigsten hierbei sind Getränke, besonders in Dosen, denn diese dürfen ohne Dosenpfand an unsere Kunden abgegeben werden. Süßwaren gehören ebenfalls zu den beliebten Warengruppen, genauso wie Wein und Spirituosen. Besonders attraktiv für die Skandinavier sind die in Deutschland geringeren Steuersätze (gegenüber 25 % MwSt. in Dänemark und Schweden) und der Verzicht auf die Verbrauchssteuer (wie zum Beispiel Zuckersteuer, Weinsteuer und Branntweinsteuer).

„Durch die Corona-Pandemie war die Grenze zu Dänemark über Monate hinweg geschlossen. Wie hat dies Ihr Geschäft verändert?“

Die Einbrüche durch die Pandemie, die erhöhten Treibstoffpreise, den Ukraine-Krieg und vieles mehr registrieren wir gerade auch. Insbesondere die zwei Jahre der Pandemie waren für uns sehr restriktiv. Otto Duborg musste zum Teil geschlossen bleiben. Poetzsch Padborg hatte angepasste Öffnungszeiten. Nach der Grenzöffnung im Juni 2020 sind die Kunden dann explosionsartig wieder über die Grenze geströmt, um einzukaufen – die Mitarbeiter*innen mussten Einlasskontrollen machen, um die Märkte nicht zu überfluten. Auch das war sehr herausfordernd. 2021 bestanden wiederum Verunsicherungen auf Kundenseite; hier blieb das erwartete große Nachholbedürfnis aus 2020 dann aber aus. Teilweise haben sich die Skandinavier in den zwei Jahren umorganisiert und in den eigenen Ländern eingekauft. Das waren und sind für uns große und spezielle Herausforderungen, auf die wir reagieren mussten und es noch immer müssen. Aktuell ist es so, dass der Benzinpreis hier in Deutschland günstiger ist als in Dänemark. Das führt natürlich wieder zu großem Andrang, denn neben dem Einzelhandel bieten wir auch eine Tankstelle – daher ist der Zulauf derzeit wieder immens.

Gab es in Ihrem Berufsleben eine Person oder einen Moment, der Sie besonders geprägt hat?“

In meiner beruflichen Laufbahn bin ich nach vier Jahren Bundeswehr zufällig an die coop Schleswig-Holstein eG geraten. Dort habe ich mein duales Studium absolviert und bin ziemlich zu Beginn auf einen Marktleiter getroffen, der mich in Bezug auf meinen weiteren Werdegang stark geprägt hat. Von Anfang an hat er mir viel Verantwortung übertragen – und diese hat mich motiviert, die Verantwortung anzunehmen, mich weiterzuentwickeln und immer weiterzumachen. Daran halte ich bis heute fest.

"Was war der beste Ratschlag, den Sie je bekommen haben?“

„Es gibt keine Probleme – es gibt Chancen, etwas besser zu machen.“ Außerdem hat meine Frau mir vor Jahren einen beschrifteten Stein geschenkt, der auf meinem Schreibtisch liegt. Auf diesem Stein steht: „Glücklich ist, der vergisst, was nicht mehr zu ändern ist.“ Auch daran orientiere ich mich gerne.

Wie schaffen Sie den Ausgleich zu Ihrem spannenden und fordernden Berufsalltag?“

Seit 19 Jahren spiele ich Golf – und das ist ein wirklicher Ausgleich für mich, mental und körperlich. Darüber hinaus ist meine Familie ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt. Beim Lesen kann ich wunderbar abschalten und mit der richtigen Hintergrundmusik ist es mir möglich, mich komplett in das Buch zu vertiefen und alle Nebengeräusche auszublenden. Kürzlich habe ich auch ein Cabrio erworben, womit ich gerne über Land fahre und den frischen Fahrtwind genieße, um den Kopf freizubekommen. Dazu läuft dann gute Musik der Steve Miller Band.

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